Als Fertigungsverfahren werden sämtliche Verfahren bezeichnet, mit denen sich die Eigenschaften eines Festkörpers beeinflussen lassen. Zu den Eigenschaften zählen u.a. Form, Maße, Oberflächenqualität und Werkstoffeigenschaften.
Bei der Entwicklung physischer Produkte ist es wichtig sich frühzeitig mit den Fertigungsverfahren zu befassen, da diese bereits bei der Konstruktion berücksichtigt werden müssen. Nicht mit jedem Verfahren lässt sich jedes Bauteil erzeugen. Die Wahl des Fertigungsverfahrens hat Einfluss auf die verwendbaren Materialien und deren Eigenschaften, die produzierbaren Stückzahlen und maßgeblich auf die Kosten des Endprodukts.
Um einen Überblick über die große Anzahl unterschiedlicher Fertigungsverfahren zu erhalten, können diese nach verschiedenen Kriterien geordnet werden. Nachfolgend stellen wir drei unterschiedliche Methoden der Einteilung vor. Diese sollen bei der Auswahl der richtigen Verfahren helfen. Die am häufigsten verwendete Einteilung ist die nach DIN 8580. Wesentlich pragmatischer für die Produktentwicklung ist aber die Einteilung anhand der zu fertigenden Stückzahl oder des verarbeitbaren Werkstoffs.
Einteilung nach DIN 8580
Die Tabelle zeigt die Einteilung der Fertigungsverfahren in die sechs Hauptgruppen Urformen, Umformen, Trennen, Fügen, Beschichten und Stoffeigenschaften ändern. Die Hauptgruppen werden danach gebildet, inwieweit die Verfahren den Zusammenhalt der Teilchen im Werkstoff beeinflussen. Die deutsche Norm 8580 orientiert sich dabei in erster Linie an der Metallverarbeitung. Die Zugehörigkeit eines Verfahrens zu einer bestimmten Hauptgruppe sagt aber nicht darüber aus, welche Geometrien erzeugt werden können, für welche Stückzahlen es geeignet ist oder welche Materialien verarbeitet werden können.
Einteilung anhand der zu fertigenden Stückzahl
Abweichend von der DIN 8580 ist es häufig sinnvoll das Fertigungsverfahren anhand der gewünschten Stückzahl zu wählen. In der Grafik ist eine Auswahl häufig verwendeter Fertigungsverfahren mit dem jeweiligen Bereich der Stückzahlen, für den die Verfahren geeignet sind, dargestellt. Die Zahlenwerte dienen nur einer groben Orientierung und können bei einzelnen Fertigungsanlagen abweichen.
Die Eignung eines Fertigungsverfahrens für eine Losgröße hängt von mehreren Faktoren ab. Dazu zählen Einrichtekosten, Fertigungszeit, Skalierbarkeit und Flexibilität der Anlage. Verfahren, bei denen aufwändige Formen hergestellt werden müssen, wie beim Spritzguss, Gesenkschmieden, Stanzen und Tiefziehen, rentieren sich erst bei sehr großen Stückzahlen. Die Einzelteilkosten sind dann aufgrund der geringen Taktzeiten aber gering. Zwar wird beim Vakuumguss ebenfalls eine Negativform benötigt, allerdings besteht diese nicht aus einem massivem Metallbauteil, sondern aus Silikon, das um ein mittels SLA gefertigtem Urmodell gegossen worden ist.
AM-Verfahren (Additive Manufacturing) sind besonders flexibel, weil sie keine bauteilspezifischen Werkzeuge benötigen. Aufgrund der geringen Fertigungsgeschwindigkeit und der teilweise geringen Bauteilfestigkeit eignen sie sich aber nur bedingt für eine Serienfertigung. Ebenfalls werkzeuglos und dadurch flexibel fertigt eine Laserschneidanlage Bauteile. Aufgrund der hohen Fertigungsgeschwindigkeit ist das Laserschneiden auch für große Stückzahlen verwendbar.
Beim Biegen, Drehen und Fräsen ist es notwendig die Bewegungsabläufe der Anlage zu programmieren und die geeigneten Werkzeuge auszuwählen. Diese manuellen Arbeitsschritte verursachen zu Beginn der Produktion hohe Einrichtekosten. Durch die begrenzte Fertigungsgeschwindigkeit und die hohen Anlagenkosten ist die Fertigung mittels CNC-Drehen und CNC-Fräsen nur eingeschränkt skalierbar.
Neben den hier genannten Fertigungsverfahren gibt es noch unzählige weitere sowie eine Vielzahl von Varianten der einzelnen Verfahren. Zudem können die Herstellprozesse kombiniert werden. So können beispielsweise Stanzen und Biegen in einem Arbeitsschritt durchgeführt werden oder Drehen und Fräsen in einer Anlage integriert sein.
Einteilung nach verarbeitbarem Material
Ein notwendiges Kriterium bei der Entscheidung für das richtige Fertigungsverfahren ist der gewünschte Werkstoff des Bauteils. Jedes Verfahren eignet sich nur für eine begrenzte Anzahl von Materialien. Mithilfe der nachfolgenden Tabelle lässt sich bestimmen, welche Werkstoffe mit einem Fertigungsverfahren verarbeitet werden können.
Zu beachten ist, dass nicht mit jeder Anlage auch alle angegebenen Materialien verarbeitet werden können. Die meisten Spritzgussanlagen sind beispielsweise auf Kunststoff ausgelegt. Für die Verarbeitung von Metallen sind spezielle Maschinen nötig, die höhere Temperaturen erzeugen und aushalten können müssen. Beim Laserschneiden hängt das Einsatzgebiet von der Art des verwendeten Lasers ab (z.B. Feststofflaser oder CO2-Laser). Ein bestimmter Werkstoff kann mit einem Laser bearbeitet werden, wenn dieser die Frequenz des Lasers in ausreichendem Maße absorbiert. So ist es sogar möglich mit einigen Lasern Glas zu bearbeiten.
Übersicht
Für diese Komponenten ist das Fertigungsverfahren geeignet:
Fused Deposition Modeling (FDM)
Komplexe Prototypen und Muster mit geringer mechanischer Belastung
Prototypen und Urmodelle zum Gießen mit einer sehr hohen Oberflächenqualität
Funktionsprototypen und Kleinserien mit komplexen Geometrien
Selektives Laserschmelzen (SLM)
Hochfeste Metallbauteile mit komplexen Geometrien
Hochwertige Bauteile vom Prototyp bis zur Serienproduktion
Rotationssymmetrische Bauteile vom Prototyp bis zur Serienproduktion
Zweidimensionale Bauteile wie Bleche vom Prototyp bis zur Serienproduktion
Stanzen
Bauteile auf Basis von zweidimensionalem Ausgangsmaterial wie Blech
CNC-Biegen
Bauteile auf Basis von Stangenmaterial oder Blechen beliebiger Form
Tiefziehen
Bauteile mit konstant dünner Wandstärke (z.B. Kofferschale)
Gesenkschmieden
Großserienprodukte aus Metall ohne Hinterschneidungen
Serienprodukte meistens aus Kunststoff mit geringer Wandstärke
Hochwertige Prototypen und Kleinserien aus Kunststoff
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