Aquaponik Grundlagen

 

Inhalt

  • Definition
  • Stickstoffkreislauf
  • Varianten
    • Dochtsystem
    • Tropfsystem
    • Nährstoff-Film-Technik
    • Tiefwasser-Kultur
    • Aeroponik
    • Ebbe-Flut-System
    • Gegenüberstellung
  • Tier- und Pflanzenarten
  • Nachhaltigkeit
  • Vor- und Nachteile

 


 

Definition

 

 

Der Begriff Aquaponik setzt sich aus Aquakultur und Hydroponik, einer Methode zum erdelosen Anbau von Pflanzen, zusammen. Die Aquaponik ist ein Verfahren, bei dem diese beiden Konzepte kombiniert werden, um ein Kreislaufsystem zu bilden. Das Verfahren nutzt die Vorteile der Aquakultur und der Hydroponik mit dem Ziel Ressourcen einzusparen. Der Grundgedanke ist, dass das von den Fischen verunreinigte Wasser den Pflanzen als Nährstoffquelle dient. Das Wasser muss dann nicht mehr aufwendig aufbereitet oder gewechselt werden und steht den Fischen wieder zur Verfügung. Der Kreislauf kommt ohne die Zugabe von Dünger aus. Lediglich das Fischfutter muss von außen in das System eingebracht werden. Als Ertrag werden sowohl tierische als auch pflanzliche Nahrungsmittel erzeugt.

 

 

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Begriffserklärung Aquaponik

 

Stickstoffkreislauf

 

 

In der Aquaponik ist die Stickstoffversorgung der Pflanzen von zentraler Bedeutung, da keine Düngemittel von außen in den Kreislauf eingebracht werden sollen. Zunächst gelangt der Stickstoff durch das Fischfutter in das System und wird größtenteils von den Fischen aufgenommen. Die Ausscheidungen der Fische und nicht gefressene Futterreste beinhalten Ammoniak (NH3) und Ammonium (NH4+). Während Ammonium den Pflanzen bereits als Stickstofflieferant dienen kann, ist Ammoniak schädlich für das Kreislaufsystem, weil es nicht von den Pflanzen verwertet werden kann und für Fische giftig ist. Ammoniak und Ammonium werden in einem weiteren, Nitrifikation genannten, Schritt von Bakterien zunächst in Nitrit (NO2) und anschließend in Nitrat (NO3) umgewandelt. Nitrit hat die gleichen Auswirkungen auf das System wie Ammoniak, stellt aber bei ausreichend vorhandenen Bakterien aufgrund der schnellen Oxidation zu Nitrat keine Gefahr für das System dar. Die Bakterien bilden einen Biofilm auf festen Oberflächen. Bei einer Aquaponikanlage bietet poröses Substrat im Pflanzbeet oder ein Biofilter den notwendigen Lebensraum. Das Nitrat wird von den Pflanzen aufgenommen und gebunden. Anschließend ist die Konzentration der Stickstoffverbindungen im Wasser stark reduziert, sodass das Wasser zurück zu den Fischen geleitet werden kann. Mit der Entnahme von Fischen und Pflanzenteilen verlässt der Stickstoff endgültig das System.

 

 

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Stickstoffkreislauf in der Aquaponik

 

Varianten

 

 

Um das Kreislaufsystem zu realisieren, gibt es unterschiedliche Ansätze für den Aufbau der Hydroponikkomponente. Grundsätzlich wird zwischen aktiven und passiven Systemen unterschieden. Passive Hydroponiksysteme kommen ohne den Einsatz von elektrischer Energie aus. Während aktive Systeme diese für Komponenten wie z.B. Pumpen benötigen. Alle Systeme sind darauf ausgelegt, dass neben der Nährlösung auch regelmäßig Sauerstoff an die Wurzeln gelangt, da andernfalls keine Nährstoffe von den Pflanzen aufgenommen werden können. Einige Konstruktionen haben sich mehr bewährt als andere. Die einzelnen Varianten werden nachfolgend vorgestellt.

 

 

Dochtsystem

 

 

Bei einem Dochtsystem gelangt die Nährlösung durch die Kapillarwirkung in den Dochten aus einem Reservoir in ein Substrat. Das Substrat befindet sich in einem Pflanzbeet und bietet den Wurzeln der Pflanzen Halt. Da nur geringe Mengen gefördert werden, befindet sich immer auch Luft zwischen den Substratpartikeln, sodass Sauerstoff für den Stoffwechsel der Pflanzen zur Verfügung steht. Es handelt sich um ein passives System, weil kein Strom zur Versorgung der Pflanzen benötigt wird. Für die Aquaponik ist diese Variante nur wenig geeignet, weil der Fördervolumenstrom sehr gering ist und eine Rückführung des Wassers nicht vorgesehen ist. Außerdem können die Dochte leicht verstopfen.

 

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Aufbau eines Dochtsystems

 

 

 

Tropfsystem

 

 

Bei einem Tropfsystem wachsen die Pflanzen in einem Granulat, das durch kleine Tropfen mit der Nährlösung befeuchtet wird. Beim Durchsickern der Nährlösung durch das Granulat nehmen die Wurzeln die Nährstoffe und Feuchtigkeit auf. Die überschüssige Flüssigkeit fließt über den Boden des Pflanzbeets durch einen Rücklauf zurück in das Becken. Der Einsatz einer Pumpe macht das Tropfsystem zu einem aktiven System. In der Aquaponik findet dieser Aufbau nur selten Anwendung, weil die Durchflussrate gering ist und die Tropfdüsen eine intensive Vorfilterung verlangen.

 

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Aufbau eines Tropfsystems

 

 

 

Nährstoff-Film-Technik

 

 

Die Nährstoff-Film-Technik (NFT) nutzt einen konstanten Nährstofffluss, der am Boden des Pflanzbehälters einen dünnen Film bildet. Bei diesem aktiven System fördert eine Pumpe die Nährlösung aus einem Vorratsbehälter zu den Pflanzen und kann diese optional noch mit Sauerstoff anreichern. Die Sauerstoffversorgung der Wurzeln wird zusätzlich sichergestellt, indem nur ein geringer Teil der Wurzeln mit Flüssigkeit bedeckt ist und ein Großteil Luftkontakt hat. Die Nährstoff-Film-Technik ist in der Aquaponik aufgrund des einfachen Aufbaus sehr beliebt. Da die Wurzeln nicht in Granulat wachsen, ist ein zusätzlicher Biofilter notwendig, um den Bakterien einen Lebensraum zu bieten. Bei einem Pumpenausfall droht bereits nach kurzer Zeit das Absterben der Wurzeln durch Vertrocknung.  

 

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Aufbau der Nährstoff-Film-Technik

 

 

 

Tiefwasser-Kultur

 

 

Bei der Tiefwasser-Kultur (Deep Water Culture – DWC) werden die Pflanzgefäße an einem Schwimmkörper befestigt, der auf der Nährlösung treibt. Die DWC gehört zu den aktiven Systemen, weil eine Pumpe Luft in die Flüssigkeit fördert, um die Sauerstoffversorgung sicherzustellen. Der Sauerstoff wird sowohl in der Nährlösung gelöst als auch über die Luftblasen von den Wurzeln aufgenommen. Die eingebrachte Luft sorgt zusätzlich für eine Zirkulation der Flüssigkeit und verhindert ein Absetzen der Nährstoffe am Boden. Auch hier ist ein Biofilter empfehlenswert, um den Bakterien eine ausreichend große Oberfläche zur Verfügung zu stellen. Einen Pumpenausfall können die Pflanzen längere Zeit problemlos überstehen. 

 

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Aufbau einer Tiefwasser-Kultur

 

 

 

Aeroponik

 

 

Aeroponik beschreibt ein aktives Hydroponiksystem, bei dem die Wurzeln frei in der Luft hängen und nur mit Wassertröpfchen besprüht werden. Die Art und Erzeugung der Tropfen können variieren. Es können Niederdruckpumpen, Hochdruckpumpen oder Ultraschallvernebler zum Einsatz kommen. Die erzeugten Tropfen unterscheiden sich in erster Linie in ihrer Größe. Die Versorgung mit Sauerstoff ist durch den stetigen Luftkontakt gewährleistet. In der Aquaponik ist die Verbreitung dieser Technik vernachlässigbar, da der Aufwand der mechanischen Filterung, um ein Verstopfen der Düsen zu verhindern, unverhältnismäßig ist.

 

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Aufbau eines Aeroponiksystems

 

 

 

Ebbe-Flut-System

 

 

Das Ebbe-Flut-System ist eine aktive Variante der Hydroponik. Der Name beschreibt den periodisch schwankenden Wasserstand im Pflanzbehälter. Um die Pflanzen im Wechsel mit Wasser und Sauerstoff zu versorgen, wird die Flüssigkeit durch eine Pumpe in den Pflanzbehälter gefördert, bis der gewünschte Wasserstand erreicht ist. Der maximale Wasserstand wird mithilfe eines Siphons begrenzt, der bei einer bestimmten Höhe das gesamte Wasser zurück in das Becken befördert. Die Pumpe wird in regelmäßigen Abständen, aber immer nur für den Zeitraum eines Durchlaufs, eingeschaltet. Die Pflanzen wachsen in einem Substrat, das Nährstoffe und Feuchtigkeit für einen begrenzten Zeitraum speichern kann, sodass ein Pumpenausfall einige Zeit toleriert werden kann. Das Substrat dient gleichzeitig als Biofilter. Das Ebbe-Flut-System erfreut sich in der Aquaponik sehr großer Beliebtheit. 

 

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Aufbau eines Ebbe-Flut-Systems

 Gegenüberstellung der Varianten

 

 

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Gegenüberstellung der Hydroponikvarianten

 

Fisch- und Pflanzenarten

 

Für die Haltung in Aquaponikanlagen kommt eine Vielzahl von Fischarten infrage. Kriterien für die Eignung einer Fischart sind u.a. Größe, artgerechte Besatzdichte und Toleranz gegenüber Schwankungen von Temperatur und Wasserqualität. Geeignete Fischarten sind z.B. Karpfen, Welse und Tilapia. Diese Arten sind als Speisefische beliebt und daher auch für die kommerzielle Züchtung qualifiziert. In Aquaponikanlagen kommen aber nicht zwangsläufig nur Speisefische zum Einsatz, da auch Aquarien und Teiche in den Kreislauf eingebunden sein können. So können auch Kois, Goldfische oder exotische Aquarienfische Teil einer Aquaponikanlage sein.

 

Durch das breite Nährstoffprofil des Fischwassers können grundsätzlich alle Pflanzen in einer Aquaponikanlage kultiviert werden. Einschränkungen werden durch den Platzbedarf und die klimatischen Umgebungsbedingungen gemacht. Die meisten Obstsorten sind mehrjährig und stellen bei mitteleuropäischem Klima im Winter ein Problem dar, da die Aquaponikanlage im Winter für gewöhnlich außer Betrieb genommen wird. Die meisten Gemüsesorten konnten bereits in Aquaponikanlagen angebaut werden. Sehr tief wurzelnde Arten sind aufgrund des begrenzten Platzangebots nicht geeignet, ebenso wie Knollengemüse, da das Rhizom unter der Erdoberfläche wächst. Als weitere verwendbare Pflanzenart bieten sich Kräuter an. Bei der Auswahl der Pflanzen muss der jeweilige Nährstoffbedarf berücksichtigt werden und auf die Fischart und Besatzdichte angepasst werden. Abhängig von ihrem Nährstoffbedarf werden Pflanzen in Schwach-, Mittel- und Starkzehrer unterteilt. Die Zuordnung einiger ausgewählter Pflanzenarten ist der Tabelle zu entnehmen. Die meisten Kräuter und klein bleibenden Salate benötigen nur wenig Nährstoff und zählen daher zu den Schwachzehrern. Schneller wachsende und größer werdende Blattgemüse haben einen größeren Nährstoffbedarf und werden den Mittelzehrern zugeordnet.  Durch die nährstoffaufwendige Ausbildung von Fruchtkörpern gehören Gemüsesorten wie Gurken und Tomaten zu den Starkzehrern.

 

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Einteilung ausgewählter Pflanzenarten in Schwach-, Mittel- und Starkzehrer

 

Nachhaltigkeit

 

Aufgrund der ressourceneffizienten Erzeugung von Lebensmitteln gilt die Aquaponik als besonders nachhaltig. Der Wasserverbrauch sinkt im Vergleich zur herkömmlichen Erzeugung um 50% bis 90%, abhängig von dem Aufbau der Anlage. Da rund 70% des globalen Süßwasserverbrauchs auf die Landwirtschaft und damit verbundene Arbeitsschritte zurückzuführen sind, spielt die effiziente Nutzung dieser Ressource besonders in wasserarmen Regionen eine zunehmende Rolle.

 

Der größte Energiebedarf bei einer Aquaponikanlage wird durch die Temperaturregelung verursacht, falls die Anlage ganzjährig betrieben wird. Durch die platzsparende Anordnung der Komponenten können höhere Erträge pro Fläche erzielt werden als bei der herkömmlichen Lebensmittelerzeugung. Dadurch fällt der Energiebedarf im Verhältnis geringer aus.

 

Fische sind als eiweißreiche Nahrungsquelle besonders geeignet, weil sie das Futter im Vergleich zu anderen Tieren sehr effizient verwerten. Zu Vergleichszwecken wird oft der Futterquotient, der angibt, wie groß das Verhältnis von benötigter Futtermenge zur aufgebauten Körpermasse des Tieres ist, betrachtet. Ein Futterquotient von 2 bedeutet beispielsweise, dass ein Tier zwei Kilogramm Futter fressen muss, um ein Kilogramm zuzunehmen. Lachs (stellvertretend für Fisch allgemein) liegt mit einem Futterquotienten von 1,2 deutlich unter dem Futterbedarf der Fleischlieferanten Rind (~ 9), Schwein (~ 6) und Huhn (~ 2).  Insbesondere, wenn der Fisch pflanzlich ernährt wird, wie es z.B. bei Tilapia und Karpfen möglich ist, wirkt sich dies positiv auf die CO2-Bilanz und die Überfischung der Meere aus.

 

Wird die Aquaponik vom Endverbraucher betrieben, entfallen durch die dezentrale Erzeugung Emissionen durch den Transport der Nahrungsmittel. Zudem kann auf die Verwendung von Einwegverpackungen verzichtet werden.

 

 

 


 

Vorteile

  • Lebensmittelproduktion unabhängig von geografischen Bedingungen
  • Optimale Nutzung aller Ressourcen
  • Weniger Insektenbefall (viele Schädlinge leben im Boden)
  • Skalierbare Anlagen
  • Ganzjährige Ernte möglich
  • Kein Unkraut
  • Kein Dünger notwendig

 

Nachteile

  • Teilweise hoher Energiebedarf (Pflanzenlampen, Heizung, Pumpen)
  • Komplexe Zusammenhänge (wenn eine Komponente nicht richtig funktioniert, ist der Rest der Anlage auch betroffen)
  • Knowhow in mehreren Disziplinen erforderlich 

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