Sauerstoff - der unterschätzte Faktor beim erdelosen Anbau

 

Eine Pflanze benötigt Wasser, Nährstoffe und Licht, um zu wachsen. Sie nimmt Kohlendioxid auf und gibt Sauerstoff ab. So lernt man es bereits in der Schule. Wieso also ist Sauerstoff dann so ein wichtiges Thema in der Hydroponik? Eine Pflanze benötigt das Gas für viele Stoffwechselprozesse. Dazu verwendet sie auch nach Möglichkeit den selbst produzierten Sauerstoff. Jedoch wird dieser nur in den grünen Bereichen der Pflanze - also überirdisch in den Blättern - gebildet. Da eine Pflanze nicht über die Fähigkeit verfügt, den Sauerstoff über längere Strecken zu transportieren, wie es beispielsweise in unseren Adern der Fall ist, ist der unterirdisch liegende Teil auf Sauerstoff aus der unmittelbaren Umgebung angewiesen. Der Effekt wird durch sogenannte Staunässe schnell sichtbar. Wenn Erde dauerhaft mit Wasser gesättigt ist, sterben viele Pflanzen aufgrund von Wurzelfäule bereits nach einigen Tagen ab. Selbst große Bäume können einen solchen Zustand nur kurze Zeit überstehen. Nur einzelne spezialisierte Arten wie beispielsweise die Sumpfzypresse können dauerhaft in überflutetem Boden überleben. Grund für das Absterben der Wurzeln ist nicht die Anwesenheit von Wasser, sondern die Abwesenheit von Sauerstoff. Dieser gelangt durch das Wasser nicht mehr tief genug ins Erdreich. Verstärkt wird der Effekt durch im Boden lebende Mikroorganismen, die ebenfalls Sauerstoff verbrauchen und mit den Wurzeln konkurrieren. 

 

Da in der Hydroponik die Pflanzen in einer flüssigen Nährlösung wachsen, ist es naheliegend, dass die Gefahr der Unterversorgung der Wurzeln mit Sauerstoff groß ist. Aus diesem Grund sind die verschiedenen Systemvarianten entstanden. Bei der passiven Kratky Methode wird auf Technik zur Sauerstoffanreicherung der Nährlösung verzichtet. Dies hat zur Folge, dass die Pflanzen verhältnismäßig langsam wachsen. Die teilweise wesentlich aufwendiger gestalteten Konzepte wie Aeroponik und Ebbe-Flut-System dienen in erster Linie der verbesserten Sauerstoffversorgung durch die Bildung feiner Tropfen bzw. das zyklische Versorgen der Wurzeln mit Nährlösung und Luft. Bei der Nährstofffilmtechnik (NFT) ist der Flüssigkeitsfilm so dünn, dass durch die große Oberfläche ein ausreichender Gasaustausch gewährleistet ist. Bei Behältern mit geringer Zirkulation wie in der Tiefwasserkultur (DWC) kann das Einbringen von Luftblasen (z.B. durch Teichbelüfter) die Sättigung des Wassers erhöhen.

 

Sauerstoff in der Hydroponik, Nährstofffilmtechnik NFT Röhre, Wurzeln, Aquaponik, Basilikum
Sauerstoff in der Hydroponik, Salatwurzeln, weiße Wurzeln, kein Sauerstoffmangel, Aquaponik, Sinterra

  

Ein weiterer wichtiger Punkt neben der Wahl des richtigen Verfahrens ist die Vermeidung von Bakterienwachstum. Organische Substanzen z.B. organische Substrate wie Kokos, aber auch organische Dünger, sollten nicht in größeren Mengen in die Nährlösung gelangen, da sie die Nahrungsquelle vieler Bakterien sind. Aus diesem Grund sollten immer mineralische Dünger, die für Bakterien uninteressant und direkt pflanzenverfügbar sind, in der Hydroponik verwendet werden. In der Aquaponik gestaltet sich dies allerdings schwieriger. Die von den Fischen abgegebenen Nährstoffe enthalten immer organische Bestandteile. Diese müssen zwangläufig von Bakterien zersetzt werden. Aquaponikanlagen sollten daher mit zusätzlichen Vorrichtungen zur Sauerstoffversorgung (z.B. Belüfter/Umwälzung in Fischtank und Biofilter) ausgestattet sein. Auch, weil die Fische auf einen ausreichenden  Gasaustausch angewiesen sind. 

 

Die Temperatur der Nährstofflösung spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. Wasser verliert mit zunehmender Temperatur die Fähigkeit Gase zu lösen. Aus diesem Grund sollte darauf geachtet werden, dass sich die Hydroponikanlage nicht zu sehr erwärmt. Eine ausreichende Sauerstoffversorgung erkennt man übrigens an weißen Wurzeln. Sind die Wurzeln braun und/oder mit einer schleimigen Schicht überzogen, sollten Sauerstoffmangel und Bakterienbefall in Betracht gezogen werden.

 

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